Barmer Ersatzkasse (Wuppertal)
Unzureichende Hilfsmittelversorgung
Mein Vater (64 Jahre, wohnhaft im Hochsauerlandkreis) hatte Anfang Juli 2008 einen Unfall innerhalb der häuslichen Umgebung und ist seitdem querschnittgelähmt (Tetraplegie), d.h. dass er ab dem 6. HW gelähmt ist. Sein Halsbereich ist steif, er hat keine Rumpfkontrolle und auch seine Hände, bzw. Finger sind nahezu nicht funktionsfähig. Er ist in allen Belangen des täglichen Lebens umfangreich auf Hilfe, bzw. auf stellvertretende Ausführung angewiesen.
Im November wurde ihm nach fast einem halben Jahr stationärer Rehabilitation mit ca. acht wöchigem Aufenthalt auf der Intensivstation in der Werner-Wickert-Klinik in Bad Wildungen ein Aktiv- und ein Elektro Rollstuhl ärztlich verordnet, die speziell den Grad der Behinderung berücksichtigen und individuell ausgemessen wurden.
Die Verordnungen sind, soweit wir telefonisch recherchieren konnten, zeitnah von der Klinik zum Sanitätshaus gesandt worden. In einem Telefonat am 19.01.2009 äußerte der Sachbearbeiter der Krankenkasse (BEK), dass ihm die Verordnungen noch nicht vorlägen. Des Weiteren gab er die Auskunft, dass es keine gesetzlichen Fristen gäbe, die den Zeitrahmen von schriflichen Bescheiden regelten.
Die Barmer Ersatzkasse Siegen prüft seitdem die Notwendigkeit, bzw. Angemessenheit der o.g. Hilfsmittelverordnungen und hat das örtliche Sanitätshaus beauftragt, nochmals eine Prüfung vor Ort durchzuführen. Das hat zur Folge, dass mein Vater (bislang unzureichend versorgt in seiner Wohnung) nicht eigenständig den "leihweise" überlassenen Rollstuhl bewegen kann. ANMERKUNG: die Fortbewegung im Rollstuhl ist nahezu die einzige, aktiv ausgeführte Bewegung, die er machen kann.
Kommentar von K. Sommer (Beschwerde-Verfasser), 09.04.2009 10:46
Der aktuelle Stand ist zur Zeit, dass mein Vater einen alternativen Rollstuhl - statt dem ursprünglich verordneten Rollstuhl - erhalten hat. Leider zeigt sich im praktischen Gebrauch, dass der Rollstuhl nicht die erforderliche Ausstattung hat. wie benötigt. Des Weiteren fordert die Barmer Ersatzkasse ein psychologisches Gutachten und eine Fahrprüfung beim TÜV in Siegen um ggf. den verordneten Elektro Rollstuhl zu bewilligen.
Die geforderten Nachweise sind aus unserer Sicht nicht angemessen und die Kosten, die entstünden, stehen nicht im Verhältnis, insbesondere aus dem Grund, dass das Schwerpunktklinikum, die Werner-Wickert-Klinik in Bad Wildungen, vor einiger Zeit eine Fahrprüfung durchgeführt hat und die Bescheinigung der Krankenkasse vorliegt.
Kommentar von K. Sommer (Beschwerde-Verfasser), 24.04.2009 12:49
Am 22.04.09 war mein Vater zwecks Nachuntersuchung in der Werner-Wickert-Klinik (Schwerpunktklinikum für Rückenmarkverletzte). Die Oberärzte der Klinik waren entsetzt über die "unzureichende" Hilfsmittelversorgung, d.h. über den alternativ zur Verfügung gestellten Rollstuhl. Es wurde untersucht, gemessen und gefilmt. Deutlich ist, dass mein Vater an diversen Stellen Druckstellen bekommt, die bereits zu einem Dekubitus geführt haben. Weiterhin kann mein Vater sich in dem zur Verfügung gestellten Rollstuhl nicht eigenständig fortbewegen. Inwieweit dies unter dem Tatbestand der Freiheitsberaubung fällt, muss geprüft werden. Die Klinik wird nun entsprechende Gutachten an die BARMER ERSATZKASSE senden, aus denen der aktuelle Sachverhalt hervorgeht. Als direkte Dekubitusvorbeugung wurde ein neues Sitzkissen direkt vor Ort ausgemessen (Cumputergesteuert), angefertigt und angepaßt. Das zuvor mitgelieferte Kissen war falsch und war zuvor auch nicht vom Sanitätshaus ausgemessen, bzw. im praktischen Gebrauch überprüft worden. Die bislang entstandenen Kosten (Hilfsmittelgutachter, alternativer Rollstuhl, nicht passende Sitzkissen, Transportkosten etc.) übersteigen demnächst vermutlich die Anschaffungskosten des ursprünglich verordneten Aktiv Rollstuhles.
Beim verordeten Elektro Rollstuhl begründet der Sachbearbeiter der BARMER ERSATZKASSE, Herr Ebertz, die Erforderlichkeit einer erneuten Prüfung zur Fahrtauglichkeit und Vorstellung beim TÜV in Siegen, dass der Hilfsmittelgutachter des MDK dies "befürwortet" (?) habe. Auch die Verordnungen der Rollstuhlrampen lägen der Krankenkasse noch nicht vor.
Ich kann ihnen nur den Tip geben, zum VdK zu gehen, in der Hoffnung, daß die dortigen Mitarbeiter genauso pfiffig sind, wie die hier in Unterfranken.
Außerdem Rate ich ihnen, mit den Sozialarbeitern in der Werner-Wickert-Klinik kontakt aufzunehmen, die die haben meistens die besten Druckmittel und Argumente gegenüber den Kassen.
Ich sitze selbst seit fast 30 Jahren im Rollstuhl, aber ich wurde damals erst aus dem Rehazentrum Bayreuth entlassen, als wirklich sicher war, daß alle Hilfsmittel bewilligt und geliefert waren. Die Zeiten haben sich leider gewaltig geändert und vor allem die Krankenkassen.
Man hat heute wirklich das Gefühl, daß die Krankenkassen auf Zeit spielen, in der Hoffnung, daß der Patient verstirbt, bevor die Hilfsmittel bewilligt sind.
Aber wie gesagt, beim VdK (Verband der Kriegsopfer, Schwerbehinderten und Sozialrentner Deutschlands) erhalten sie auch wichtige Tips und hinweise, die einem auch in Zukunft weiterhelfen.
Und was wirklich nicht schaden kann, sind Magazine wie "Brisant" "Extra"oder "Akte hilft".
Um meinen letzten Rollstuhl vor 4 Jahren, mußte ich 5 Monate kämpfen, da man mir nur noch einen 7 Jahre alten gebrauchten Rolli finanzieren wollte, aber mit den richtigen Mitarbeitern bei der AOK bekam ich dann doch einen neuen.
Man muß den Herrschaften immer auf die Füße treten, bevor sich was tut und wär sich alles gefallen läßt und sich nicht wehrt, hat schon verloren.
Ich hoffe für ihren Vater, daß der Decubitus noch nicht zu groß ist und schnell wieder verheilt und daß die Versorgung so schnell wie möglich vorwärts geht.
Cappo
Ein Jahr ist der Unfall nun her und endlich hat mein Vater den verordneten Aktiv Rollstuhl, den E-Rolli und ein barrierefreier Zugang zum Haus wurde ebenfalls angelegt. Auch wenn noch einige Zusatzteile an den Rollstühlen fehlen und der Service des Sanitätshauses vor Ort in Schmallenberg mehr als schlecht ist, wollen wir uns nicht weiter beschweren, sondern froh und dankbar sein, dass man mit gaaanz viel Kraft, Zeit und Hartnäckigkeit doch etwas erreichen kann.
Beschwerde ist gelöst.